Aus Buchholz und seiner Geschichte
Ein Blick in die historische Vergangenheit zeigt, daß das Gebiet des heutigen Wittener Stadtteils Buchholz zu den ältesten Siedlungsräumen des Ruhrgebiets gehört. Buchholz liegt in einem Gebiet, in das schon vor 2000 Jahren die ersten Siedler drangen. Sie folgten dem Lauf eines kleinen Baches, den sie “Welpe” nannten. Der Name Buchholz (” im Bockholt “) war ursprüngliche eine Markenbezeichnung. In der Buchholzer Mark war Blankenstein hudeberechtigt (Nutzung als Viehweide), den Herren von Kemnade gehörte der fünfte Teil. Die Herren von Kemnade besaßen die hohe Gerichtsbarkeit über Stiepel, wozu Buchholz gehörte. Das letzte Todesurteil wurde 1776 an dem Mörder eines Mädchens vollstreckt. Auf Befehl des Gerichtsherrn mußten die Einwohner und die Schuljugend bei der Vollstreckung des Urteils zuschauen.
Bei der Teilung der Marken 1786 erhielt Kemnade in Buchholz 108 Morgen, 586 Ruthen. Die Gemeinde rechnete kirchlich früher zum Kirchspiel Stiepel, dem außerdem die Bauernschaften Schrick, Haar und Brockhausen angehörten. 1809 wurden die Bauernschaften unter frz. Herrschaft in der Mairie Blankenstein zusammengefaßt. Mit dem Einmarsch preußischer Truppen im November 1813 endete hier die französische Herrschaft. Preußen nahm die abgetretenen Gebiete wieder in Besitz. Am 30. April 1815 erging die “Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden”. Sie schuf die noch heute bestehende Verwaltungsgliederung in Provinzen (Landschaftsverbände), Regierungsbezirke und Kreise. Die Gemeindeebene blieb zunächst unverändert. Die Grafschaft Mark wurde Teil des Regierungsbezirks Arnsberg in der Provinz Westfalen. Die drei Bürgermeistereien des früheren Kantons Hattingen ( Blankenstein, Hattingen, Sprockhövel) blieben in ihrem Bestand zunächst unverändert und wurden dem Kreis Bochum zugeteilt.
Zum 1. Juli 1818 wurde auf Vorschlag des Bochumer Landrates von Untzen die Bauernschaften Heben und Baak von der Bürgermeisterei Blankenstein abgetrennt und den Bürgermeistereien Bochum und Hattingen angegliedert. Wegen der schlechten Verbindung regten 1824 Buchholzer Kötter die Abpfarrung von Stiepel an, aber die auf Antrag des Landwirts Große Herzbruch geführten Verhandlungen zerschlugen sich.1841 trat die Landgemeindeordnung in Kraft, wonach die Bürgermeistereien in “Ämter” umbenannt wurden mit einem Amtmann an der Spitze der Verwaltung. Buchholz erhielt 1852 nach langem Streit mit der Kirche zu Stiepel wenigstens einen eigenen Friedhof. Die um die Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzende Industrialisierung führte zu einem starken Anwachsen der Bevölkerung. Damit wurde eine verwaltungsmäßige Neugliederung des Rheinisch-Westfälischen Industriebezirks notwendig. Sie erstreckte sich über einen langen Zeitraum und kam erst 1929 zu einem vorläufigen Abschluß. Am 1. Juli 1885 wurde der Kreis Bochum aufgeteilt in die Landkreise Bochum, Gelsenkirchen und Hattingen ( wozu Stiepel einschließlich Buchholz gehörten). Zum Landkreis Hattingen zählten die Stadt Hattingen sowie die Ämter Hattingen-Land, Blankenstein und das neugeschaffene Amt Königssteele. Durch das Gesetz über die kommunale Neugliederung des Rheinisch -Westfälischen Industriegebietes wurde der Landkreis Hattingen zum 1.August 1929 aufgelöst.
Nach Abtrennung der Gemeinden Stiepel und Linden-Dahlhausen wurde der Restkreis Hattingen mit Teilen des Landkreises Hagen und dem Landkreis Schwelm zum Ennepe-Ruhr-Kreis zusammengeschlossen. Aber auch danach erfolgten weitere Veränderungen. Im Jahr 1937 wurde das Amt Sprockhövel aufgelöst, die Gemeinden Nieder und Obersprockhövel wurden dem Amt Blankenstein einverleibt. Nach dem Kriege setzten Bemühungen um den Zusammenschluß der Gemeinden Blankenstein, Buchholz, Holthausen und Welper ein, die jedoch vorläufig keinen Erfolg hatten. Erst am 1. April 1966 bildeten die Gemeinden Blankenstein, Buchholz, Holthausen und Welper bei einer Gebietsreform die Stadt Blankenstein. Durch das Gesetz vom 16.12.1969 über die Neugliederung des Ennepe-Ruhrkreises wurden die Ämter Blankenstein und Hattingen-Land aufgelöst. Die Stadt Blankenstein und das gleichnamige Amt fielen mit Ausnahme von großen Teilen der Gemeinde Buchholz an die Stadt Hattingen. Der Hauptteil von Buchholz wurde zum 01.01.1970 in die Stadt Herbede einbezogen. Mit der Eingemeindung von Herbede nach Witten wurde schließlich Buchholz am 01.01.1975 Ortsteil der Stadt Witten. Jeder Ort hat seine Geschichte, und nichts bleibt dabei gleich. Versucht man trotzdem, die Merkmale herauszugreifen, die für Buchholz seit der 2. Hälfte des vorigen Jahrhunderts charakteristisch waren, wird man folgende Punkte nennen müssen:
– Die Industriearbeiterschaft -Sie machte etwa die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung aus und arbeitete vornehmlich in den sieben Hammerwerken und auf der Henrichshütte in Welper, aber auch in den umliegenden Bergwerken, ab der Jahrhundertwende auch bei den Seilwerken Puth in Blankenstein und in Herbeder Fabriken. – Der Amtssitz Blankenstein war Sitz des gleichnamigen Amtes Blankenstein, dem außer der Freiheit Blankenstein bis 1969 Buchholz, Holthausen und Welper sowie teitweise Stiepel und Sprockhövel angehörten.
– Die Bauern und Kötter – In Buchholz gab es nur wenige Bauern, die aber über einen großen Grundbesitz verfügten. Die Kötter standen in den umliegenden Bergwerken in Lohn und die Landwirtschaft diente als Nebenerwerb.
– Der Verkehrsweg – Der untere, etwa 4 km lange Straßenabschnitt des Hammerthals wurde durch die im Übergang zum 19. Jahrhundert aufblühende, eisenverarbeitende Industrie geprägt. Für diesen Abschnitt hat sich die zusammenfassende Benennung “Hammerthal” eingebürgert. Dieser Teil des Tales lag zwar auch abseits der alten Durchgangsstraßen, hatte aber schon immer eine große Bedeutung als Verkehrsweg zwischen dem Raum Bochum-Stiepel-Witten-Herbede und dem Raum Sprockhövel. Eine besondere Bedeutung gewann dieser Weg aber erst, als zur Blütezeit der Kleinindustrie des Hattinger Hügellandes um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Sprockhövel -Crengeldanzer Chausee (1845) durch das Hammerthal und die Kemnade-Hattinger Chausee am südlichen Ruhrhang fertiggestellt wurde.
– Hammerwerke und Kleinbahn – Das erste Hammerwerk, die “Ibachs Mühle” entstand im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts und war für rd. 100 Jahre das einzige Hammerwerk in Buchholz. 1783 entstanden zwei weitere Hämmer und der Schleifkotten “Hammerthal”. Es folgten noch drei Hämmer um 1800, die im südlichen Bereich lagen. Am längsten behauptete sich der Grüner Hammer, der bis um 1960 in Betrieb war.
Wesentlichen Anteil an der Erschließung von Buchholz gewannen auch die vielen kleinen Steinbrüche insofern, als sich die großen Brüche des Sirrenberges gemeinsam mit den Zechen für den Bau der kommunalen Kleinbahn Bossel-Blankenstein einsetzten. Damit erhielt die Industrie des Pleßbachtales 1910 einen Anschluß an die Ruhrtalbahn und 1912 an die Eisenbahnlinie Wuppertal-Hattingen.
– Der Bergbau – Die in der Wittener Hauptmulde im Bereich des Pleßbaches tagesnah anstehenden Flöze wurden in zahlreichen Stollen abgebaut. Die meisten dieser Anlagen sind mit wenigen Ausnahmen spätestens in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder zum Erliegen gekommen. Ihre Vorräte genügten nur den Anforderungen der vorindustriellen Zeit, in der der Kohlenbergbau im wesentlichen ein bäuerlicher Nebenerwerb war. Zu dieser Gruppe gehörten auch die ältesten hier bekannten Stollen: der Stollen von Altemißgunst, der Scheller Stollen, die Stollen Sunderbank, Harmonie, Glückauf und Hegermann, Tinsbank, Haus Brandenburg, Geschwind, Elisabethenglück, Ver. Hammerthal, Neugottsegnedich, Fernerglück, Jungmann und der St. Elias Erbstollen. Letzterer war in Ruhrtal angesetzt und hatte eine Schleppbahn zu einem Kohlenlager an der Ruhr, die seit 1782 schiffbar war.
Die 1874 angelegte Zeche Blankenburg geht auf die 1865 erfolgte Konsolidation der Zechen Neu-Blankenburg, Ver. Geschwind und Friedrich August zurück. Der Anschluß an die Schiffahrtswege verbesserte die Absatzlage. 1882 wurde die bis dahin bestehende Pferdebahn durch ein normalspuriges Anschlußgleis zum Bahnhof Blankenstein der Ruhrtalbahn ersetzt. Sie verlief entlang der Hammerthalstraße. Der schon 1860 von der Zeche Neu-Blankenburg begonnene seigere Schacht der ehem. Zeche Geschwind diente während seiner Betriebszeit nur noch als Wetterschacht. Mit dem Übergang zum Tiefbau genügte der natürliche Wetterzug nicht mehr. Der erste Schritt zur künstlichen Bewetterung waren die Erhöhung des Temperaturgefälles durch die Aufstellung von Wetteröfen erst unter Tage, dann über Tage und die Erhöhung der Niveauunterschiede durch den Bau von Wetterkaminen. Seit 1891 wird diese Bewetterunganlage nicht mehr benutzt. Der verbliebene Kamin steht heute unter Denkmalschutz. Bis zur Stillegung der Grube 1925 förderte die Zeche Blankenburg 4,6 Mio.t.Kohle. Die Frühaufsteher von Buchholz wahren wohl die Bergleute, denn der Weg zur Arbeitsstelle war weit, teilweise liefen sie bis zu den Zechen “Mansfeld in Langendreer. Die Zechen “Alte Haase” in Sprockhövel, “Holland” in Herbede und “Gibraltar” in Stiepel lagen da schon näher. Aber pünktlich mußten sie auch da sein. Viele Bergleute gingen dann nach getaner Arbeit abends zu den Bauern. Dort wurde bis weit in die Dunkelheit draußen oder in Haus und Stall gearbeitet, um ein kleines Zubrot zu verdienen.
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